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Was ist eine Abstandsfläche?

Eine Abstandsfläche ist ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestabstand, der zwischen einem Gebäude und der Grundstücksgrenze oder einem benachbarten Gebäude eingehalten werden muss. Diese Fläche dient dazu, eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung der Gebäude zu gewährleisten. Sie trägt gleichzeitig zum Brandschutz und zur Wahrung der Privatsphäre der Bewohner bei. Abstandsflächen verhindern eine übermäßige Verdichtung der Bebauung und sorgen dafür, dass ausreichend Freiräume zwischen den Gebäuden erhalten bleiben.

Wofür sind Abstandsflächen notwendig?

Abstandsflächen sind aus mehreren Gründen unerlässlich:

  • Belichtung und Belüftung: Sie ermöglichen den ausreichenden Zugang von Tageslicht und frischer Luft zu allen Gebäuden, was die Wohnqualität erheblich verbessert. Durch die Einhaltung von Abstandsflächen wird sichergestellt, dass Wohnräume und Arbeitsbereiche genügend natürliches Licht erhalten, was nicht nur die Lebensqualität steigert, sondern auch den Energieverbrauch durch künstliche Beleuchtung reduziert.
 
  • Brandschutz: Größere Abstände zwischen Gebäuden verhindern, dass sich Brände schnell ausbreiten können. Im Falle eines Brandes kann eine ausreichende Abstandsfläche verhindern, dass Funkenflug und Hitze auf benachbarte Gebäude übergreifen. Dies reduziert das Risiko großflächiger Brände erheblich und bietet den Einsatzkräften bessere Möglichkeiten zur Brandbekämpfung.
 
  • Privatsphäre: Sie schützen die Privatsphäre der Bewohner, indem sie verhindern, dass Gebäude zu dicht nebeneinander stehen. Dadurch wird vermieden, dass Fenster, Balkone oder Terrassen direkter Einsicht von Nachbarn ausgesetzt sind. Dies schafft ein angenehmeres Wohnumfeld und reduziert potenzielle Konflikte zwischen Nachbarn.
 
  • Städtebauliche Ordnung: Abstandsflächen tragen zur Einhaltung einer harmonischen und ästhetisch ansprechenden Bebauung bei. Sie sorgen dafür, dass Gebäude nicht zu dicht gedrängt wirken und dass das Gesamtbild eines Stadtteils oder einer Wohngegend attraktiv bleibt. Dies ist besonders wichtig in dicht besiedelten Gebieten und trägt zur Lebensqualität der Bewohner bei.

Gibt es einen allgemein gültigen Mindestabstand?

In den meisten deutschen Landesbauordnungen beträgt die Abstandsfläche zur Grundstücksgrenze in der Regel mindestens 2,5 bis 3 Meter. Diese Regelung gilt für Kerngebiete, Wohn- und Mischgebiete sowie Gewerbe- und Industriegebiete. Die exakten Vorschriften können jedoch je nach Gebäudetyp, Nutzung und Lage des Grundstücks unterschiedlich sein. Bayern hat beispielsweise im Jahr 2021 die Abstandsflächenregelungen angepasst und teilweise verkürzt, um eine Nachverdichtung zu ermöglichen.

Kleine Bauwerke wie Garagen oder Gartengerätehäuschen dürfen in vielen Bundesländern ohne eigene Abstandsflächen und direkt an der Grundstücksgrenze gebaut werden, da sie keine zusätzlichen Abstandsflächen benötigen.

Wann ist eine Bebauung an der Grundstücksgrenze erlaubt?

Bestimmungen in speziellen Bebauungsplänen haben Vorrang vor den allgemeinen Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnungen. Wenn ein Bebauungsplan für ein Gebiet eine Bebauung an der Grundstücksgrenze erlaubt, gelten die allgemeinen Abstandsflächenregelungen der Landesbauordnung nicht. Solche Regelungen sind häufig in dicht bebauten Innenstädten zu finden, wo alle Neubauten direkt an die festgelegten Baulinien angrenzen müssen, um ein einheitliches städtebauliches Erscheinungsbild zu gewährleisten.

Wie berechnet man die Abstandsfläche?

Die Berechnung der Abstandsflächen basiert auf der Gebäudehöhe und anderen architektonischen Merkmalen. Eine häufig angewendete Formel ist:

Die Tiefe der Abstandsfläche (TA) berechnet sich aus dem Multiplikationsfaktor (F), der Höhe des Gebäudes (H) und dem Faktor der Dachneigung (FD) multipliziert mit der Höhe des Daches (HD).

Parameter:

  • Multiplikationsfaktor (F): Ein Wert, der in der jeweiligen Bauordnung des Bundeslandes festgelegt ist.
 
  • Höhe des Gebäudes (H): Die Höhe von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand.
 
  • Faktor der Dachneigung (FD): Ein Wert, der die Neigung des Daches berücksichtigt. Dächer mit einer Neigung von mehr als 70 Grad werden vollständig, Dächer mit einer Neigung von weniger als 70 Grad werden zu einem Drittel ihrer Höhe berücksichtigt.
 
  • Höhe des Daches (HD): Die Höhe des Daches selbst.
 

Beispielberechnung:

Nehmen wir an, ein Gebäude hat eine Wandhöhe von 8 Metern und eine Dachhöhe von 3 Metern bei einer Neigung unter 70 Grad. Der Faktor der Dachneigung beträgt ein Drittel. In einem Bundesland mit einem Multiplikationsfaktor von 0,4 ergibt sich folgende Abstandsfläche:

Berechnung der Summe der Höhen:

 

  • Höhe des Gebäudes (H): 8 Meter

  • Höhe des Daches (HD): 3 Meter

  • Faktor der Dachneigung (FD): 1/3

 

 Die Summe der Höhen berechnet sich demnach wie folgt:

  • 8 Meter + (1/3 × 3 Meter) = 8 Meter + 1 Meter = 9 Meter
 
 Berechnung der Tiefe der Abstandsfläche:

Multiplikationsfaktor (F): 0,4

Die Tiefe der Abstandsfläche (TA) berechnet sich wie folgt:

0,4 × 9 Meter = 3,6 Meter

Welche gesetzlichen Regeln gelten für Abstandsflächen?

Die genauen Regelungen zu den Abstandsflächen sind in den Landesbauordnungen der jeweiligen Bundesländer festgelegt. Diese können sich in Details unterscheiden, folgen aber im Allgemeinen ähnlichen Prinzipien:

  • Mindestabstand: Häufig beträgt der Mindestabstand drei Meter, kann aber je nach Gebäudehöhe und Dachneigung variieren.
 
  • Multiplikationsfaktor (F): Der Multiplikationsfaktor zur Berechnung der Abstandsfläche liegt in den meisten Bundesländern zwischen 0,2 und 1, abhängig von der Art des Gebietes (z.B. Kerngebiet, Wohngebiet, Gewerbegebiet).
 
  • Berücksichtigung von Dachneigungen: Dächer mit einer Neigung von weniger als 70 Grad werden oft nur zu einem Drittel ihrer Höhe in die Berechnung einbezogen, während steilere Dächer vollständig angerechnet werden.
 
  • Sonderregelungen für Anbauten: Balkone, Erker und ähnliche Anbauten, die weniger als 1,5 Meter aus der Fassade herausragen und nicht mehr als ein Drittel der Fassadenbreite einnehmen, müssen häufig nicht in die Abstandsflächenberechnung einbezogen werden.
 
  • Ausnahmen für bestimmte Bauwerke: In vielen Bundesländern dürfen kleine Bauwerke wie Garagen, Gartenhäuser oder Gewächshäuser innerhalb der Abstandsflächen errichtet werden, sofern sie bestimmte Maximalmaße nicht überschreiten.
 

Wann müssen Abstandsflächen eingehalten werden?

Neubau

Beim Neubau von Gebäuden müssen die Abstandsflächen stets eingehalten werden. Dies ist notwendig, um die oben genannten Ziele wie Belichtung, Belüftung, Brandschutz und Wahrung der Privatsphäre sicherzustellen. Die Abstandsflächen müssen im Bauantrag nachgewiesen werden, und das Bauamt prüft diese im Rahmen der Baugenehmigung.

Erweiterungen und Umbauten

Auch bei Erweiterungen oder Umbauten bestehender Gebäude sind die Abstandsflächenvorschriften zu beachten. Wird beispielsweise ein Gebäude um ein Stockwerk aufgestockt oder eine neue Außenwand errichtet, muss die zusätzliche Höhe in die Berechnung der Abstandsflächen einbezogen werden.

Bestandsschutz

Bestehende Gebäude, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung den damaligen Bauvorschriften entsprachen, genießen in der Regel Bestandsschutz. Dies bedeutet, dass sie auch dann nicht abgerissen oder verändert werden müssen, wenn sich die Abstandsflächenvorschriften später ändern. Allerdings können bauliche Änderungen oder Nutzungsänderungen dazu führen, dass der Bestandsschutz erlischt und die aktuellen Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden müssen.

Was passiert, wenn Abstandsflächen nicht eingehalten werden?

Die Nichteinhaltung von Abstandsflächen kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dies umfasst unter anderem:

  • Baustopp: Das Bauamt kann einen Baustopp verhängen, wenn festgestellt wird, dass die Abstandsflächen nicht eingehalten werden.
 
  • Rückbau: Im schlimmsten Fall kann der Bauherr dazu verpflichtet werden, das Bauwerk teilweise oder vollständig abzureißen, um die vorgeschriebenen Abstandsflächen einzuhalten.
 
  • Bußgelder: Es können empfindliche Bußgelder verhängt werden, wenn gegen die Abstandsflächenvorschriften verstoßen wird.
 
  • Rechtsstreitigkeiten: Nachbarn können Klage einreichen, wenn ihre Rechte durch die Nichteinhaltung der Abstandsflächen verletzt werden. Dies kann zu langwierigen und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten führen.
 

Was zählt zur Abstandsfläche?

Zur Abstandsfläche zählen alle Flächen, die gemäß den Bauvorschriften freigehalten werden müssen. Dies umfasst in der Regel den Bereich vor den Außenwänden eines Gebäudes. In vielen Fällen werden auch Balkone, Erker und ähnliche Bauteile berücksichtigt, sofern sie bestimmte Maße überschreiten.

Was bedeutet Abstandsfläche 0,4?

Der Begriff „Abstandsfläche 0,4“ bezieht sich auf den Multiplikationsfaktor, der zur Berechnung der Abstandsfläche verwendet wird. Ein Faktor von 0,4 bedeutet, dass die Tiefe der Abstandsfläche 40 % der Gebäudehöhe entspricht. Diese Regelung kann je nach Bundesland und Art des Baugebiets variieren.

Hat eine Garage Abstandsflächen?

Ja, Garagen haben Abstandsflächen, sofern sie bestimmte Maße überschreiten. In vielen Bundesländern dürfen Garagen innerhalb der Abstandsflächen errichtet werden, solange sie eine bestimmte Höhe und Länge nicht überschreiten. Diese Regelungen sind in den jeweiligen Landesbauordnungen festgelegt.

Abstandsflächen in Hamburg:

In Hamburg wird die Abstandsfläche nach der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) berechnet. Der Multiplikationsfaktor beträgt in der Regel 0,4.

  • Multiplikationsfaktor (F): 0,4
  • Höhe des Gebäudes (H): gemessen von der natürlichen Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand
  • Faktor der Dachneigung (FD): Dächer mit einer Neigung von mehr als 70 Grad werden vollständig berücksichtigt, Dächer mit einer Neigung von weniger als 70 Grad werden zu einem Drittel ihrer Höhe berücksichtigt
  • Höhe des Daches (HD): gemessen von der oberen Kante der Wand bis zum höchsten Punkt des Daches
 

Beispielberechnung:

  • Höhe des Gebäudes (H): 10 Meter
  • Höhe des Daches (HD): 3 Meter bei einer Neigung von 60 Grad (Faktor der Dachneigung = 1/3)
 

Berechnung der Summe der Höhen:

  • 10 Meter + (1/3 × 3 Meter) = 10 Meter + 1 Meter = 11 Meter

Berechnung der Tiefe der Abstandsfläche:

  • 0,4 × 11 Meter = 4,4 Meter
 
 

Abstandsflächen in Berlin

Bauordnung für Berlin (BauO Bln)

Berechnung

  • Multiplikationsfaktor (F): 0,4
  • Höhe des Gebäudes (H): gemessen von der natürlichen Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand
  • Faktor der Dachneigung (FD): Dächer mit einer Neigung von mehr als 70 Grad werden vollständig berücksichtigt, Dächer mit einer Neigung von weniger als 70 Grad werden zu einem Drittel ihrer Höhe berücksichtigt
  • Höhe des Daches (HD): gemessen von der oberen Kante der Wand bis zum höchsten Punkt des Daches
 

Beispiel:

  • Höhe des Gebäudes: 10 Meter
  • Höhe des Daches: 2 Meter (Neigung 60 Grad)
 

Berechnung:

  • Summe der Höhen: 10 + (1/3 × 2) = 10 + 0,67 = 10,67 Meter
  • Tiefe der Abstandsfläche: 0,4 × 10,67 = 4,27 Meter
 
 

Abstandsflächen in München:

In München wird die Abstandsfläche nach der Bayerischen Bauordnung (BayBO) berechnet. Der Mult